Digital vernetzte Kunst­stoff­ver­ar­bei­tung

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Projekt mit der Polierscheibenfabrik Gustav Adolf Spaeth e.K.

Die Firma Spaeth ist einer der ältesten Polierscheibenhersteller Deutschlands. Mit 10 Mitarbeitern werden Polierscheiben aus unterschiedlichen Ausgangsmaterialien hergestellt und damit die Automobilindustrie und metallverarbeitende Unternehmen beliefert. Im Produktsortiment befinden sich außerdem u. a. Schleifmittel und Polierpasten.

Das Projekt

Die Polierscheibenfabrik Spaeth setzt eine cloudbasierte Betriebsdatenerfassung ein, mit der das Unternehmen einen Live-Einblick in die organisatorischen Produktionsprozesse bekommt. Hiermit können auftragsbezogene Maschinen- und Mitarbeiterdaten (insbesondere Bearbeitungszeiten) über Tablets in der Produktion bereitgestellt und in der Arbeitsvorbereitung live ausgewertet werden. In der Praxis leidet die Datenqualität und -frequenz jedoch besonders bei den Maschinendaten (Laufzeiten etc.) unter Fehleingaben der Mitarbeiter, da die Datenerfassung noch manuelle Schritte erfordert. Teilweise werden Polierscheiben zudem chemisch behandelt und getrocknet. In diesem Fall muss der Trocknungsvorgang manuell überwacht werden. Auch hier bietet sich eine automatische Sensordatenrückführung in das eingesetzte System an.

Ziel des Transferprojektes sind die Implementierung und die Validierung einer KMU-gerechten, modularen und skalierbaren, cloudbasierten Sensordatenaufnahme auf dem betrieblichen Hallenboden zur digitalen Echtzeitprozessüberwachung von Produktionsprozessen.

Konkret werden nun bei der Firma Spaeth dynamische Sensoren (z. B. Beacons) an Bauteilen und Maschinen befestigt, um entitätsspezifische Sensordaten aufzunehmen. Die Beacons mit Feuchtigkeitssensoren überwachen somit im Laufe des Projektes die Trocknungsvorgänge, während Beacons mit Beschleunigungssensoren Maschinenaktivitäten detektieren oder Bearbeitungszeiten von Mitarbeitern aufnehmen. Die Daten werden den Unternehmen zur schnellen Reaktionsfähigkeit in einer Cloud-Anbindung live verfügbar gemacht.

Der Projektablauf

Im ersten Schritt wird der Prozess bei Spaeth analysiert und hinsichtlich der Potenziale zur Einbringung von Sensortechnik auf Maschinen oder Prozessteilschritte untersucht. Die erhobenen Anforderungen werden in ein Lastenheft zur Beschaffung von Beacons überführt.

Je nach Potenzialen und notwendiger Sensortechnik werden Beacons eines oder mehrerer Typen von einem oder mehreren Herstellern bezogen und erprobt. Der Fokus liegt hier auf der Messbarkeit der abzubildenden Sachzusammenhänge mit der Sensorik der Beacons, nicht auf der Kommunikation der Beacons mit dem Cloud-Server über das Gateway.

In einem dritten Meilenstein wird die Kommunikation der Beacons und die Visualisierung in dem Web-Frontend implementiert und im unternehmerischen Alltag bei Spaeth validiert.

Der Nutzen aus dem Projekt

Bei der Firma Spaeth wird im Projektverlauf eine KMU-gerechte Datenaufnahme in der Cloud mit minimalen IT-Setup-Kosten für die Inbetriebnahme dieser Lösung realisiert. Dem Unter-nehmen steht damit künftig eine einheitliche, vollständige und zentralisierte Datenbasis zur Verfügung, wobei durch die automatische Datenaufnahmen auch mit erhöhter Datenqualität – sowohl maschinen- als auch bauteilbezogen – kalkuliert werden kann.

Die Live-Datenauswertung ermöglicht dabei eine proaktive Fehlervermeidung im Produktionsprozess und auch in der historischen Datenaufbereitung lassen sich Potentiale für Prozess-verbesserungen heben: Mit Trendanalysen können kritische Prozesseinflüsse identifiziert werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist außerdem der reduzierte manuelle Aufwand durch die digitale Datenaufnahme.

„Wenn man die Digitalisierung ignoriert, besteht die Gefahr, dass man irgendwann merkt: Jetzt ist es zu spät. Dann kann man nur noch aufholen, in dem es noch sehr viel mehr kostet. Wir haben in einem ersten Schritt das Info-Angebot von Digital in NRW in Anspruch genommen – und schnell gelernt, dass Digitalisierung auch im Kleinen funktionieren kann.“

Dennis Marker, Geschäftsführer der Polierscheibenfabrik Gustav Adolf Spaeth e. K.

Automatisierte Entscheidungsfindung bei KMU braucht den „Digitalen Schatten“

Im Zuge der Digitalisierung des Mittelstandes ist es bei produzierenden Unternehmen, wie beispielsweise auch bei der Polierscheibenfabrik Spaeth, von elementarer Bedeutung, die Prozesse auf dem betrieblichen Hallenboden digital widerzuspiegeln. Hierfür müssen unter anderem die Status der Elemente Bauteil, Maschine und Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt digital reflektiert werden, da diese Elemente im Wesentlichen zur Wertschöpfung im Produktionsprozess beitragen. Der dadurch entstehende Digitale Schatten der Produktionsprozesse dient dann als Entscheidungsunterstützung im Produktionsumfeld.

Auch eine automatische Entscheidungsfindung im Sinne sich selbst steuernder Bauteile setzt auf dem Digitalen Schatten auf und kombiniert diesen mit Intelligenz, sodass handlungsfähige Digitale Zwillinge der Entitäten entstehen.

Um besonders kleinen und mittleren Unternehmen den Einstieg in die Digitalisierung ihrer Produktionsprozesse zu ermöglichen ist es somit zunächst notwendig, diese zu befähigen einen digitalen Schatten einzelner Entitäten ihrer Produktion zu bilden. Hierfür müssen Sensordaten an Entitäten (Bauteile, Maschinen, Mitarbeiter) aufgenommen und in eine Daten-basis zurückgespielt werden. Das Konzept muss darüber hinaus sowohl skalierbar als auch für Kleinstbetriebe einsetzbar sein, was die Wahl von Systemen einschränkt.

Das Projektteam

Das Projektteam. Foto: Digital in NRW.

Das Projektteam. Foto: Digital in NRW.

 

Projektsteckbrief

Titel: Digital vernetzte Kunststoffverarbeitung

Projektpartner: Polierscheibenfabrik Gustav Adolf Spaeth e.K., Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen

Projektlaufzeit: September 2017 – August 2018

Das Vorhaben in Stichworten

  1. Aufnahme der zu messenden Vorgänge und Erhebung von Leistungsanforderungen an die Messbarkeit der Vorgänge
  2. Zielszenario festlegen und betriebliche Rahmenbedingungen und Anforderungen aufnehmen
  3. Kabellose Sensoren zur Aufnahme der Vorgänge identifizieren und erproben
  4. Ausgewählte Lösung iterativ implementieren und integrieren

 

Interview: „Wir stehen der Digitalisierung weiterhin offen gegenüber“

Drei Fragen an Dennis Marker, Geschäftsführer der Polierscheibenfabrik Spaeth:

1. Mit zehn Mitarbeitern zählt die Polierscheibenfabrik Spaeth zu den kleinen Unternehmen. Während viele KMU sich zum Thema Industrie 4.0 eher zurückhalten, sind Sie in Sachen Digitalisierung aber recht aktiv. Warum?

Die Frage ist doch: Warum scheut man sich als kleines Unternehmen? Weil Digitalisierung immer mit extrem hohen Investitionskosten in Verbindung gebracht wird. Es scheint immer unsäglich teuer. Da hören viele auf, darüber nachzudenken. Die Investitionshürde ist zu hoch. Aber: Wenn man die Digitalisierung ignoriert, besteht die Gefahr, dass man irgendwann merkt: Jetzt ist es zu spät. Jetzt kann ich nur aufholen, in dem es noch sehr viel mehr kostet. Wir haben in einem ersten Schritt das Info-Angebot von Digital in NRW in Anspruch genommen – und schnell gelernt, dass Digitalisierung auch im Kleinen funktionieren kann.

2. Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Digital in NRW beschreiben?

Ich bin über alle Maße zufrieden. Es gibt gute Kommunikationswege. Das Team bemüht sich immer, zu unterstützen und zu helfen. Natürlich funktioniert nicht alles sofort. Aber es kann auch nicht immer alles nach Plan laufen. Das Ergebnis zählt.

3. Was sind Ihre zukünftigen Pläne auf dem Weg zur Digitalisierung?

Wir werden auf jeden Fall am Ball bleiben und Mittel und Möglichkeiten im Auge behalten. Unser Plan ist es, nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die Betriebsdatenerfassung mit Sensorik ist da eine gute Grundlage. Hierauf können wir aufbauen. Wir stehen der Digitalisierung weiterhin offen gegenüber.